Nicht der Westen ist Schuld am Elend in Afrika – sondern die Afrikaner selbst

Afrika nur als Opfer des westlichen Kolonialismus zu sehen, ist zu einfach. Wer dem Kontinent wirklich helfen will, muss auch über Tabu-Themen reden: Bevölkerungs-Boom und kulturelle Prägungen.

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Der Widerspruch könnte größer kaum sein. Während auf Investment-Konferenzen, aber auch in den Medien immer wieder der angeblich bevorstehende Aufstieg Afrikas bejubelt wird, sehen vor allem jüngere Afrikaner in der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer oft den einzigen Ausweg aus Stillstand und Not in ihren Ländern.

Zwischen den Prognosen der Gesundbeter und den konkreten Lebensumständen vieler Afrikaner liegen oft Welten. Während in den meisten Ländern kleine, selbstsüchtige Eliten aus den zwischenzeitlich immer mal wieder steigenden Rohstoffpreisen sprichwörtlich Kapital schlagen, hat sich an der tristen Lage des ganz überwiegenden Teils der Afrikaner seit der Unabhängigkeit des Kontinents vor 65 Jahren wenig geändert.

So leben in Nigeria, der gerne zum Hoffnungsträger verklärten, zweitgrößten Volkswirtschaft Afrikas, mehr als 100 Millionen der inzwischen 215 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze – von weniger als 2 Dollar am Tag.

Europas Angst vor der nächsten Flüchtlingswelle

Groß ist deshalb in Europa insgeheim die Sorge, die Migration aus dem Süden könne bald wieder aus dem Ruder laufen. Die Vereinten Nationen weisen in ihren Berichten zur Bevölkerungsentwicklung zudem regelmäßig darauf hin, dass die Zahl der Menschen in Afrika weiter ungebremst steigt und sich bis 2050 fast verdoppeln dürfte – von heute 1,4 auf dann rund 2,6 Milliarden.

Dabei können schon jetzt fast alle afrikanischen Länder ihre Menschen nicht ernähren. 35 der 48 Länder in Subsahara-Afrika sind Lebensmittelimporteure.

Bevölkerungsboom ohne Ende – ein kulturelles Tabu?

Wer glaubt, dass der enorme Zuwachs an Menschen sich mit einem höheren Lebensstandard in Afrika irgendwann von selbst erledigen werde, unterliegt einem gefährlichen Trugschluss.

Das patriarchalisch geprägte Afrika tickt nach anderen kulturellen Regeln als die übrige Welt. Frauen, die nicht gebären, werden oft verlassen. Verwendet eine Frau Verhütungsmittel, argwöhnen Männer oft, sie wolle fremdgehen. Um daran etwas zu ändern, müssten sich die Machtstrukturen zwischen Mann und Frau in Afrika grundsätzlich ändern.
Doch das braucht Zeit, die Afrika nicht mehr hat.

Durch die Bevölkerungsexplosion könnte Afrika wieder in massive Hungersnöte versinken, sagt Wolfgang Drechsler.

Familienplanung – das große Entwicklungs-Tabu

Statt – wie jahrelang geschehen – über die angeblich zu geringe Entwicklungshilfe zu streiten, könnten Regierungen in Afrika durch eine Kopplung der westlichen Hilfsgelder an eine realistische Bevölkerungspolitik gedrängt werden, die hohe Geburtenrate mit weit mehr Nachdruck als bislang anzugehen. Zumal sonst jeder kleine Fortschritt sofort wieder verlorengeht.

Im Westen schreckt man aber vor Forderungen nach einem kulturellen Wandel zurück – aus Angst, als „Rassist“ oder „Neokolonialist“ zu gelten, der Afrika Vorschriften bei der Zahl seiner Kinder machen will. Daneben hat eine Allianz aus Vatikan, Kulturrelativisten und Muslimen dazu geführt, dass die Familienplanung zum großen Tabu der Entwicklungspolitik geworden ist.

Ob sich die verfahrene Lage noch wenden lässt, hängt davon ab, ob der Westen seine kulturellen Berührungsängste überwindet und weltweit vielleicht doch noch ein neues Interesse an Fragen der Bevölkerungskontrolle in Afrika erwacht.

Wer trägt die Verantwortung – der Westen oder Afrika selbst?

Notwendig wäre für einen Neustart aber vor allem, dass Afrika endlich mehr Verantwortung für die eigene Entwicklung übernimmt und nicht – wie auch die links-woke Bewegung in Europa und den USA – immer nur den Westen und den Kolonialismus für das eigene Versagen ins Feld führt.

Natürlich hat dieser dazu beigetragen, dass Afrika es nie geschafft hat, auf eigenen Beinen zu stehen – und Europa deshalb in den nächsten Jahren weit mehr beschäftigen dürfte, als man in Brüssel oder Berlin wegen des falschen Afrikahypes der vergangenen Jahre derzeit glaubt. Und natürlich haben die Afrikaner psychologisch Schaden genommen, sodass es heute vielerorts auf dem Kontinent an Selbstvertrauen mangelt, woraus sich wiederum die antikolonialen Reflexe der jüngsten Vergangenheit und die Hinwendung zu China speisen.

Gleichwohl bleiben die meisten dieser Erkenntnisse einfache historische Schuldzuweisungen ohne wirkliche Handlungsanweisung für die Gegenwart.

Sie wurzeln in einer Geisteshaltung, die Schwarze und Afrika als ewiges Opfer und Weiße und den Westen als ewigen Täter sieht – und die einer grundsätzlichen Neuausrichtung bedarf, wenn Subsahara-Afrika aus eigener Kraft genesen und nicht zum Geschwür der neuen Weltordnung werden will.

Hoffnung am Kap – was Afrika von Mandela lernen könnte

Südafrikas Freiheitsikone Nelson Mandela und sein Gegenüber Frederik Willem de Klerk, der letzte weiße Präsident Südafrikas, haben vor 30 Jahren gezeigt, wie ein Neuanfang gelingen könnte: Entgegen allen düsteren Prognosen stellten sie damals das Wohl ihrer gemeinsamen Heimat am Kap über Rachsucht, Hass und Machtkalkül – und erkannten, dass Schwarz und Weiß in Südafrika entweder gemeinsam überleben oder gemeinsam untergehen würden.

Leicht wird ein solcher Neubeginn für Afrika nicht werden. Es ist hier eher wie mit einer zweiten Ehe: Die Erfahrung spricht dagegen, dafür spricht allein die Hoffnung.

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